Ich bin der geborene Wassermensch, doch zur Abwechslung mache ich gerne mal einen Abstecher ins Gebirge. Wenn du in Montenegro verweilst, empfehle ich dir einen Ausflug nach Cetinje. Viele Urlauber zieht es in die Küstenstadt Budva – auch ich habe dort als digitale Nomadin einen Monat gelebt. Der touristische Rummel gefällt aber nicht jedem. Ein lohnenswertes Kontrastprogramm bietet dir die Stadt in den Bergen.
Mit dem Bus nach Cetinje
Wenn du das Auto stehen lassen möchtest oder gar keins besitzt, kannst du mit dem Bus nach Cetinje fahren und auf der kurvigen Gebirgsstraße entspannt das Bergpanorama genießen. Fahrkarten gibt es entweder online auf BusTicket4.me oder an den Busstationen. Falls noch Plätze frei sind, ist es aber auch möglich, zwischen den Busbahnhöfen zuzusteigen und ein Ticket beim Fahrer zu kaufen.
Am Anfang meines Aufenthalts in Montenegro hatte ich einen leichten Kulturschock: Die meisten Stationen verlangen von Fahrgästen Extra-Gebühren, damit sie den Bussteig betreten dürfen – in der Regel zwei Euro. In Budva saß sogar ein Mann am Schalter, der die Ticketpreise nicht so genau nahm und immer etwas mehr Geld verlangte als den tatsächlichen Preis. Wäre er ein sympathischer Zeitgenosse gewesen, hätte ich gerne Großzügigkeit walten lassen. Seinetwegen bin ich allerdings dazu übergegangen, die meisten Fahrkarten online zu kaufen. Diese kleine Geschichte am Rande, um dich auf die Gepflogenheiten vorzubereiten.
Die Busse nach Cetinje fahren in der Regel weiter in Montenegros Hauptstadt Podgorica. Obwohl sie als angesagter Aufenthaltsort für digitale Nomaden gilt, empfinde ich sie als so hässlich und voller negativer Energie, dass ich ihr keinen Artikel widmen werde. Natürlich gibt es aber andere Blogs, auf denen du dich intensiv über das Betonbunker-Shoppingparadies informieren kannst, wenn du das möchtest.
Familienfreundliche bunte Stadt
Ich bevorzuge das malerische Cetinje im Tal der Cetina – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Fluss in Kroatien. Umrahmt wird sie von dem alpin anmutenden Lovćen-Massiv. Die Fußgängerzone ist voller bunter Häuser, von denen mich viele an die Bilderbuchhäuschen in den südschwedischen Kleinstädten Ystad und Simrishamn erinnern. Die Ähnlichkeiten überraschen mich, denn die Länder und Landschaften haben auf den ersten Blick nur eine Gemeinsamkeit: Sie liegen beide in Europa.
Cetinje scheint ein absolut familienfreundlicher Ort zu sein. Die Kleinen vergnügen sich bei Techno auf der Eisbahn des Weihnachtsmarktes, während viele Mütter mit Kinderkarren durchs Zentrum flanieren. Als ich am 4. Januar das Leben in der Stadt beobachte, ist die festliche Stimmung auf dem Höhepunkt: In Montenegro wird Weihnachten nach orthodoxem Glauben erst am 6. Januar gefeiert – mit deutlich weniger Konsumterror als in westeuropäischen Ländern.
Moderate Preise in Cetinje
Glühwein-, Waffel- und Würstchenbuden gibt es ebenfalls, genau wie Stände für lokales Kunsthandwerk. Wer am 2., 3. und 7. Januar dringend Lebensmittel benötigt, sollte sich vorher eindecken. Bei Supermärkten stehst du dann nämlich vor verschlossenen Türen und findest vielleicht den einen oder anderen Markt mit gepfefferten Preisen. Obwohl Montenegro kein EU-Land ist, zahlst du in Euro und Fakt ist: Die Inflation hat längst auch diese Landesgrenze überquert.
In Cetinje erlebe ich ein moderates Preisniveau. Das heißt, du kannst günstig im Restaurant essen und dir später noch Kaffee und Kuchen gönnen. In der Innenstadt gibt es viele Einkehrmöglichkeiten, um die lokale Küche zu kosten. Auf dem Balkan bedeutet das für gewöhnlich: Auf den Tisch kommen gegrillte Steaks, Čevape oder das Hack-Steak Pljeskavica. Vegetarier haben auch ein paar Optionen: In Cetinje bestelle ich mir ein Gemüse-Risotto und Gemüse vom Grill. Sehr lecker!
Amtssitz des Staatspräsidenten
Gut gesättigt lasse ich mich durch die Stadt treiben, entdecke mehrere serbisch-orthodoxe Kirchen, ein Museum und die ehemalige österreichisch-ungarische Botschaft. Letztere ist ein Überbleibsel aus der Zeit, in der Cetinje Hauptstadt des früher bereits unabhängigen Staates Montenegro war. Diese Ära begann im Jahr 1878 und endete 1918 mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und der zweijährigen österreichisch-ungarischen Besetzung. Heute hat der montenegrinische Präsident immer noch seinen Amtssitz in der ehemaligen Hauptstadt und nicht in Podgorica.
Tolle Aussicht über dem Kloster
Wenn du eine tolle Aussicht über die Stadt genießen möchtest, begib dich zum Kloster und wandere einen Waldweg bergauf. Nach ungefähr zehn bis 15 Minuten erreichst du eine Grabstätte mit Aussichtsportal, wo du den Blick über das Gebirge und das Tal schweifen lassen kannst. Im Video bezeichne ich diesen Platz als Highlight von Cetinje – im wahrsten Sinne des Wortes!
Auf dem Rückweg kannst du das orthodoxe Kloster besuchen und den wohltuenden Duft von Weihrauch inhalieren. Eintritt wird nicht verlangt und Fotografieren ist streng verboten. Deshalb gibt es hier keine Bilder aus dem Innenraum des Klosters, das 1692 bei einem Angriff der Türken zerstört und zwischen 1696 und 1701 fast an der gleichen Stelle wiederaufgebaut wurde.
Zu meinem Glück ahne ich während meines Ausflugs nicht, dass es am 12. August 2022 zu einer Massenerschießung in Cetinje kam. Elf Menschen (einschließlich der Schütze) starben, sechs weitere wurden verletzt. Dieser Amoklauf gilt als das tödlichste Attentat in Montenegro – vor fünf Monaten an einem Ort, der unter dem unschuldig blauen Himmel so friedlich wirkt. (as)
Bloggen kostet Zeit und Geld. Schätzt du meine Arbeit? Dann freue ich mich über einen Energieausgleich in meiner virtuellen Kaffeekasse bei Paypal › Spenden für Reise-Liebe
Hey, das sind aber sehr beeindruckende Aufnahmen;)
Milla
Danke! 🙂