Beim Baden in öffentlichen Gewässern habe ich eine Eigenart: Das Wasser muss glasklar sein und türkis schimmern. In Zeiten, in denen ich fern von Kroatien in Berlin mein Dasein friste, kommt für mich zum Schwimmen nur der Liepnitzsee infrage. Er ist von einem dichten Buchenwald umgeben und hat im Sommer diese Türkis-Färbung, die mich in abgeschwächter Form an die Plitvicer Seen erinnert.
Natürlich zieht es mich auch in Berlin an die Seen, aber dort gehe ich immer nur am Ufer spazieren. Die bräunliche Note der Wasseroberfläche reizt mich einfach nicht, um auch darin abzutauchen.
Heidekrautbahn zum Liepnitzsee
Zum Liepnitzsee nördlich von Berlin bin ich in den vergangenen Jahren immer nur mit zwei motorisierten Kerlen gefahren. Da ich den einen in einem Sack voller Steine in der Spree versenkt habe und der andere arbeitswütig ist, frage ich mich als erstes, wie ich ohne Auto ins Barnimer Land komme.
Meister Google spuckt mir die Antwort ziemlich schnell aus. Ich fahre zuerst mit der S-Bahn-Linie S2 Richtung Buch oder Bernau und steige in Berlin-Karow aus. Vom selben Gleis nehme ich die sogenannte Heidekrautbahn Richtung Groß Schönebeck bis Wandlitzsee.
Weil ich das Berliner Stadtgebiet verlasse, reicht meine Monatskarte für den Sonntags-Nachmittags-Ausflug nicht aus. Am Fahrkartenautomaten in Karow ziehe ich für 3,10 Euro ein Ticket.
Die rappelvolle Bimmelbahn
Je näher die Ankunft der Bimmelbahn rückt, desto mehr füllt sich das Gleis. An einem der seltenen sonnigen Tage in diesem Sommer voller Dauerregen komme eben nicht nur ich auf die Idee, Berlin für ein paar Stunden den Rücken zu kehren. Viele Mitreisende haben Fahrräder dabei, manche einen Kinderwagen.
Schon an der ersten Station in Karow ist der kurze Bummelzug rappeldickevoll: Die Leute stehen im Gang gequetscht und die Schaffnerin macht für die Radfahrer die Ansage, bei der Rückfahrt auf den Zug aus Richtung Wensickendorf auszuweichen. Man könne unmöglich alle Räder befördern. Natürlich scheinen das die meisten überhört zu haben …
Zum Glück habe ich für die rund 25 Minuten an Bord einen Sitzplatz ergattert und kann die Zugfahrt nach Wandlitzsee ganz entspannt genießen. Zwar hasse ich überfüllte Züge wie die Pest, aber männliche Begleiter mit Auto hätten mir vielleicht auf andere Art Stress bereitet.
Weg vom Bahnhof Wandlitzsee
In Wandlitzsee angekommen, muss ich mich erst einmal durchfragen. Schließlich kenne ich den Weg zum Liepnitzsee von hier noch nicht. Der ist rasch gefunden: Man verlasse den Bahnhof entgegen der Fahrtrichtung, überquere die Gleise, halte sich rechts geradeaus und biege links ab.
Am besten folgt man einem Teil der anderen Spaziergänger und Radfahrer, die natürlich auch wissen, wo es nett ist. Das letzte Stück zum See führt durch einen Wald. Nach ungefähr 25 Minuten zu Fuß habe ich es geschafft: Der Liepnitzsee präsentiert sich in einem Türkis, das ich hier noch nie so intensiv erlebt habe!
Naturparadies nördlich von Berlin
Ich bin stolz auf mich, dass ich dieses Naturparadies als schwaches Weibchen ganz ohne Mann an meiner Seite erreichen kann und beschließe, mich an dem wunderschönen See einfach treiben zu lassen. 😉 Mit Baden, wann immer mir gerade danach ist!
Übrigens habe ich noch nie verstanden, warum Menschen dazu neigen, sich mit ganz vielen anderen auf einem Haufen an einen Strand zu knallen. Solche Uferflecken gibt es am Liepnitzsee und um die mache ich einen großen Bogen.
Baden im Liepnitzsee
Einsame Badestellen sind an diesem seltenen Sommertag zwar Mangelware, aber man findet immer noch ein paar wenig bevölkerte Ecken. Die, die ich mir eigentlich krallen will, sind von verliebten Pärchen okkupiert. Was soll’s: Ich bin endlich an meinem Lieblingssee und springe ins Wasser, wenn es mir gerade passt.
Was Baden betrifft, gibt es am Liepnitzsee keine Kleiderordnung. Man kann sich entweder züchtig bedecken oder FKK machen. Ich habe meinen Badeanzug mitgenommen und lasse ihn weg. Nasser Stoff an der Haut ist mir ein Graus! Apropos Haut: Die wird nach einem Bad im Liepnitzsee weich wie ein Babypopo.
Ich könnte ewig so im Wasser planschen. Obwohl die vergangenen Tage mit Wärme gegeizt haben, hat es eine angenehm erfrischende Temperatur. Hier draußen vergesse ich, was mich kurz vorher in Berlin noch geärgert hat und schwimme weit raus. Wenn es jemand schafft, mich wieder aufzupäppeln, dann ist es die Natur!
Auch an Land koste ich die Zeit voll aus. Stundenlang lasse ich mich über den weichen Uferweg treiben und schieße ein Foto nach dem anderen. Zwischendurch muss man ein bisschen aufpassen. Wegen der Wurzeln der Bäume herrscht hin und wieder Stolpergefahr.
Fahrt mit der Liepnitzsee-Fähre
Von früheren Ausflügen zum Liepnitzsee weiß ich bereits, dass zwischen der Insel und dem Nord- und Südufer eine Fähre verkehrt. Weil ich sie noch nie ausprobiert habe, investiere ich jetzt einfach mal 4 Euro und schippere vom Süd- zum Nordufer. Ganz fix ist man drüben – viel zu schnell für meinen Geschmack!
Kontrastprogramm Regenbogensee
Die Abkürzung mit der Fähre erweist sich als sinnvoll, denn vom Südufer ist es die kürzeste Strecke zurück zum Bahnhof Wandlitzsee. Der Waldweg bringt mich zum Regenbogensee, der mir das totale Kontrastprogramm bietet: Die Wasseroberfläche ist krass braungelb gefärbt.
Während ich nur ein paar Fotos mache, werde ich zur Mücken-Bar und fette Waldameisen verirren sich in meine Sandalen. Sofort suche ich das Weite!
Am Ende laufe ich auf dem gleichen Weg zurück wie bei der Ankunft und störe mich kaum an den Menschenmassen in der Heidekrautbahn. Ich würde immer wieder mit dem Zug zum Liepnitzsee fahren. Über die genauen Abfahrtszeiten informiert Euch am besten bei der Deutschen Bahn. (as)
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Scheint ein toller Spot zu sein, wenn man Menschenmassen aus dem Weg gehen möchte. Variable Kleiderordung ist ein weiterer Pluspunkt. Wenn ich mal wieder in Berlin bin, sehe ich mir den Liepnitzsee auf jeden Fall mal an. Toller Post!
Schöne Tour. Kleiner Tipp: als Besitzer einer Monatskarte AB reicht es einen Anschlussfahrschein A/C pro Strecke für 1,70 Euro (Stand 2020) zu kaufen.
Ja, ich weiß! 🙂 Danke, dass du es ergänzt hast.