Spätestens seit meiner österlichen Tour auf dem Fontane-Radweg will ich den Großen Stechlinsee intensiver erkunden. Als ich kurz danach mit einem Radfahrer im Zug ins Gespräch komme, erzählt der mir, dass die Umrundung des Sees die landschaftlich eindrucksvollste Radtour in Brandenburg sei. Er gibt mir auch den Tipp, in Dannenwalde zu starten – wie viele andere Radler, die an Himmelfahrt in Berlin in den RE 5 nach Neustrelitz gestiegen sind.
Bei meinem YouTube-Intro am Dannenwalder Bahnhof lauscht mir eine Frau und rät mir, über Seilershof nach Neuglobsow zu fahren. Kurz hinter der Abzweigung nach Seilershof befindet sich ein Bahnübergang und dahinter ein Wegweiser für Radfahrer, der links in einen Wald führt. Weil ich mich von dem Zeichen leiten lasse, verfahre ich mich ein paar Kilometer statt weiter der asphaltierten Straße zu folgen.
Zum Stechlinsee im Fontane-Land
Nach einem kurzen Umweg in die falsche Richtung bin ich schlauer und strampele zurück. Hinter dem Ortseingang von Seilershof liegt zu meiner Rechten ein Campingplatz am Großen Wentowsee. Inzwischen ist es Mittag, mein Magen knurrt, so dass ich mich mit meinem Tortellini-Salat ans Seeufer zum Picknicken fläze. Beim Radfahren ist immer der Weg das Ziel. Ich stoppe, wo es mir gefällt und esse, wenn ich Hunger habe. Der obligatorische Salat in der Gepäckträgertasche macht mich flexibel.
Als ich rund fünf Kilometer hinter Seilershof das Dorf Zernikow erreiche, geht es auf dem bereits bekannten Fontane-Radweg weiter nach Neuglobsow am Großen Stechlinsee. Viele Feiertags-Ausflügler haben sich das ehemalige Glasmacher-Dorf im Naturpark Stechlin-Ruppiner Seenland als Ziel ausgesucht. Auf der Straße und in den Gaststätten wimmelt es mehr vor Familien mit Kindern als vor Herrentags-Männerrunden mit Bier-Bollerwagen. Als Nest für Letztere entpuppt sich die Fischerei mit Restaurant, wo die Herren ausgelassen ihrer Partylaune frönen. Währenddessen bevölkern Badegäste und Sonnenanbeter die Liegewiese am Neuglobsower Seeufer. Sämtliche Masken sind gefallen …
13,6 Kilometer langer Uferweg
Mit meinen zwei Rädern unter dem Hintern bezwinge ich den 13,6 Kilometer langen Uferweg rund um den See. Für mich eigentlich kein großes Ding, doch die Strecke ist anstrengender als gedacht. Immer wieder ragen Steine und Baumwurzeln aus dem Waldboden. Da mich die traumhaften Ausblicke aber eh fesseln, wird meine See-Umrundung zu einer Stop-and-Go-Partie, bei der ich zwischendurch auch schiebe.
Der Große Stechlinsee ist einer der letzten großen Klarwasserseen in Norddeutschland und gleichzeitig Ostdeutschlands tiefster See. Es handelt sich um ein Überbleibsel der letzten Eiszeit, das dank seiner Klarheit Blicke bis auf den Grund erlaubt. In Ufernähe ziehen Fischschwärme, Enten und Schwäne vorbei. Vögel zwitschern zwischen den dichten Laubbäumen am Ufer. Auf einer der über 30 Sitzbänke am Wegesrand berichtet mir ein Spaziergänger, dass man im Herbst im Moorwald gut Pilze sammeln könne.
An vielen Stellen leuchtet das Wasser kräftig türkis. Ich fühle mich sowohl an Kroatien als auch an Finnland erinnert – am Stechlinsee vereint sich ein Hauch von beidem und die Sehnsucht nach diesen Ländern ist fürs Erste gestillt.
Gerne ließe ich mich in einem Kanu über den See treiben wie manch einer an diesem Feiertag. Ich bekomme auch Lust, im sauber wirkenden Wasser zu schwimmen wie sonst im ebenso türkisen und kleineren Liepnitzsee. Manche stürzen sich nackt ins kühle Nass, denn FKK ist in Berlin und Brandenburg gang und gäbe. Schon Kaiser Friedrich II. von Preußen pflegte zu sagen: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“
Volle Cafés in Neuglobsow
Das geflügelte Wort des alten Fritz scheint über Neuglobsow zu schweben: Nach meiner Rückkehr finde ich in keinem der Cafés einen freien Platz. Niemand versteckt sein Gesicht unter der Maske. Kinder toben unbeschwert auf dem Spielplatz, der Ostern noch mit rotweißem Plastikband abgesperrt war. Ich reihe mich ein in die lange Schlange vor einer Eistheke und schlecke am Dagowsee Mango- und Stracciatella-Eis. Beseelt vom Stechlinsee und der scheinbaren Normalität reiße ich die letzten Kilometer bis zum Bahnhof in Fürstenberg. (as)
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Hallo liebe Annika, ich weiß nicht ob Du meinen Kommentar lesen wirst, wollte aber trotzdem sehr herzlich DANKE sagen für die lebendige Schilderung Deiner Radtour und die wunderschönen Aufnahmen von diesem herrlichen See. Da geht mir gleich das Herz auf mit vielen, ausnahmslos schönen Erinnerungen und das Heimweh packt mich wieder. Ich hoffe, noch einmal im Leben dort sein zu können.
Ich wünsche Dir noch viele schöne Reiseerlebnisse und sende Dir ganz liebe Grüße, Susanne
Hallo Susanne, natürlich lese ich jeden Kommentar und freue mich, dass dir diese Tour gefallen hat. Nach dem Stechlinsee habe ich auch etwas Sehnsucht, obwohl ich gerade im Land der tausend Seen bin.